Litauen beschließt Verbot von Pelztierfarmen ab 2027
Nov. 23: Das litauische Parlament hat am 21. September 2023 für ein Verbot von Pelztierfarmen in Litauen gestimmt. In Kraft treten soll das Verbot nach einer Übergangsfrist im Jahr 2027. Verboten sind dann Zucht, Haltung und Tötung von Tieren mit dem ausschließlichen Ziel, Pelze zu gewinnen. Noch bestehende Pelztierfarmen (44 Nerzfarmen, 33 Chinchillafarmen, in denen im Jahr 2022 ca. eine Million und in 2023 ca. 800.000 Pelztiere gezüchtet wurden) haben in der Übergangszeit von 2024 bis 2026 einen Anspruch auf finanzielle Entschädigung. Litauen ist mittlerweile der 20. Mitgliedstaat (inkl. Beitrittskandidaten) der Europäischen Union, der ein solches Verbot beschlossen hat. Verbote (die zum Teil erst in den nächsten Jahren in Kraft treten) bestehen bereits in folgenden Mitgliedstaaten: Irland (2022), Niederlande (2021), Frankreich (2021), Tschechische Republik (2019), Slowakei (2025), Österreich (2005), Slowenien (2013), Kroatien (2017), Italien (2022), Belgien (2023), Luxemburg (2018), Estland (2026), Lettland (2018), Malta (2022), Serbien (2019), Bosnien und Herzegowina (2028), Nordmazedonien (2014) sowie mit Einschränkungen Spanien (2016), Ungarn (2020), Schweden (2025) und Dänemark (2009). In Deutschland sind die Haltungsanforderungen an Pelztiere verschärft worden; im Jahr 2019 hat Deutschlands letzte Pelztierfarm geschlossen. Auf EU-Ebene ist aufgrund der bereits offiziell eingereichten Europäischen Bürgerinitiative „Fur Free Europe“ mit über 1,5 Millionen Unterschriften damit zu rechnen, dass die EU-Kommission sich mit einem europaweiten Verbot von Pelztierzucht auseinandersetzen wird.
Überarbeitung der EU-Tierschutzgesetzgebung wird hinausgezögert
Nov. 23: Nachdem sich ca. 1,4 Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger im Rahmen der Europäischen Bürgerinitiative „End the Cage Age“ gegen die Käfighaltung landwirtschaftlich genutzter Tiere ausgesprochen haben und die Bürgerinitiative auch die erforderliche Unterstützung bekommen hat, ist die EU nunmehr verpflichtet, die in der Union verbreiteten Käfigsysteme durch eine Änderung der Rechtsvorgaben für die Haltung von Tieren abzuschaffen. Diese Pflicht, aber auch das durch die EU-Kommission im Jahr 2020 selbst abgegebene Versprechen, eine Überarbeitung des europäischen Tierschutzrechts im Rahmen des Green Deals/ der Farm-to-Fork-Strategie vorzunehmen, wird nun offenbar hinausgezögert. Im Juni 2021 hatten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments mit großer Mehrheit für ein Ende der Käfighaltung in der Landwirtschaft bis 2027 gestimmt. Nach der letzten Plenarsitzung des Europäischen Parlaments am 17. Oktober 2023 ist nunmehr klar geworden, dass die EU-Kommission von vier zu überarbeitenden Rechtsbereichen – Tierhaltung, Schlachtung, Kennzeichnung und Transport – nunmehr nur noch das europäische Tiertransportrecht überarbeiten wird. Die wichtigen Überarbeitungen, die zu Verbesserungen zu Gunsten der Tiere in den Bereichen Tierhaltung, Schlachtung und Kennzeichnung von Tieren führen müssen, werden zunächst nicht mehr (weiter)bearbeitet. Dies stellt eine Missachtung der Verpflichtung der EU dar, das Ergebnis der erfolgreichen EU-Bürgerinitiative und damit den darin zum Ausdruck gebrachten Willen der EU-Bürgerinnen und -Bürger umzusetzen, ganz zu schweigen davon, was die Verzögerung für Milliarden in der EU gehaltener und landwirtschaftlich genutzter Tiere bedeutet. Frühestens im Jahr 2025 könnte das Thema wieder auf die Agenda der EU kommen, nachdem es explizit nicht in 2024 bearbeitet werden wird.
„Borchert-Kommission“ beendet Arbeit – es tut sich zu wenig in Sachen Tierwohl
Aug. 23: Das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung – die sogenannte Borchert-Kommission – hat im August 2023 beschlossen, seine Arbeit nicht mehr weiterzuführen.
Mit einem erneuten Statement vom 22. August 2023 (
https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Tiere/Nutztiere/230822-beschluss-kompetenznetzwerk.pdf?__blob=publicationFile&v=4) teilte das Netzwerk mit, trotz erster Schritte in den letzten Monaten sei die gegenwärtige Ausgestaltung für den Großteil der Landwirtschaft keine hinreichende Grundlage für einen Umbau der Tierhaltung. Die politischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung aus dem Februar 2020 seien weder in der vergangenen Legislaturperiode noch in den ersten zwei Jahren der laufenden Legislaturperiode geschaffen worden. Es sei dringend erforderlich, das Tierwohlniveau in der gesamten deutschen Nutztierhaltung deutlich anzuheben.
Am 22. August 2023 hat das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung seine Arbeit beendet.
Anbindehaltung von Rindern: White Paper liefert wissenschaftliche Erkenntnisse
Rund zwei Millionen Kühe und Bullen leben im deutschsprachigen Raum in der Haltungsform. In Österreich und der Schweiz ist die ganzjährige Anbindehaltung, mit Ausnahmen, verboten. Die zeitweise Fixierung ist jedoch erlaubt. In Deutschland ist die Haltung von Rindern über sechs Monate bisher nicht weiter geregelt. Derzeit wird ein Referentenentwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes vom Landwirtschaftsministerium intern abgestimmt. Das behandelt auch die Anbindehaltung von Rindern. Expertise for Animals nahm dies zum Anlass, die Haltungsform näher zu beleuchten und aus tierschutzbezogener Perspektive zu bewerten.
Das White Paper beleuchtet die Auswirkungen auf das Verhalten, die Gesundheit und die Emotionen der Rinder. Die Fixierung an einer Stelle schränkt das arttypische Verhalten enorm ein. Die Tiere können sich unter anderem nicht physiologisch und ausreichend fortbewegen sowie komfortabel ruhen. Negative Folgen für die Gesundheit beinhalten unter anderem Euter- und Erkrankungen des Bewegungsapparates. Die Rinder leiden neben Schmerzen unter Frust und Langeweile.
Das Kapitel zur Rechtslage fasst die Situation zur Anbindehaltung in Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen. Anders als in Deutschland ist die ganzjährige Anbindehaltung in Österreich und in der Schweiz verboten. Die zeitweise Anbindung ist in allen drei Ländern erlaubt. Rechtliche Stellungnahmen aus Deutschland weisen immer wieder auf den Verstoß gegen § 2 Tierschutzgesetz hin. Hahn und Kari sprechen sogar von einer strafrechtlichen Relevanz der Haltungsform. Das Kapitel ist mit Unterstützung des Vorstandsmitgliedes der IGN, Dr. Barbara Felde, entstanden.
Drei Chronologien zeichnen die politischen Entwicklungen zur Anbindehaltung in Deutschland, Österreich und der Schweiz nach. Aktuelle Standpunkte und Argumente verschiedener Tierschutz- und Tierrechtsverbände sowie tierärztlicher Tierschutzvereinigungen geben einen zusätzlichen Einblick in die Debatte. Das White Paper enthält auch einen Faktencheck der gängigen Argumente für die Anbindehaltung. Expertise for Animals entlarvt die Mythen der Agrarindustrie und liefert plausible Antworten.
Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit einer tierethischen Betrachtung der Haltungsform. Mithilfe von Philosoph_innen und Tierethiker_innen finden verschiedene Theorien auf die konkrete Haltungsform Anwendung. Expertise for Animals kommt zu dem Ergebnis, dass Deutschland die tierschutzwidrige Haltungsform unverzüglich beenden muss. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse liefern hinreichend Informationen, dass die Anbindehaltung das Verhalten, die Gesundheit und Emotionen der Rinder enorm einschränkt beziehungsweise negativ beeinflusst.
Änderungen im deutschen Tierschutzgesetz geplant
Juli 23: Mit einem aktuellen Referentenentwurf will das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Änderungen im Tierschutzgesetz vorschlagen. Der Referentenentwurf ist noch in der Ressortabstimmung und soll sodann den Verbänden zur Anhörung zugeleitet werden.
In dem Referentenentwurf werden einige notwendige Reformforderungen aufgegriffen, die Tierschutz-Organisationen bereits lange vortragen. Z. B. soll es nach dem Referentenentwurf eine verpflichtende Videoüberwachung in Schlachthöfen geben. Eine Ausnahme sieht der Entwurf bislang allerdings für solche Schlachthöfe vor, in denen jährlich weniger als 1.000 Großvieheinheiten Säugetiere oder 150.000 Stück Geflügel oder Kaninchen geschlachtet werden. Das ist ein großer Nachteil, denn auch in kleinen Schlachthöfen besteht das dringende Erfordernis, die Umgangsweisen mit den Tieren aufzuzeichnen, um ggfs. Sanktionen verhängen zu können und behördlicherseits einzugreifen.
Mit dem in dem Referentenentwurf bislang vorgesehenen Regelungen würde keine ganzjährige Anbindehaltung von Rindern mehr möglich sein. Einen „Pferdefuß“ gibt es auch hier: Kleinbetriebe, die unter 50 Tiere halten, dürfen ihre Rinder unter bestimmten Voraussetzungen noch zeitweise angebunden halten. Das Leid der angebundenen Rinder ist jedoch überall gleich groß: Ob im Großbetrieb oder in einem Stall mit nur wenig Tieren.
Eine große Enttäuschung ist, dass der Referentenentwurf das dringend erforderliche Verbot der Lebendtierexporte in Tierschutz-Hochrisikostaaten mit keinem Wort aufgreift. Auch die immer noch nicht richtlinienkonforme Umsetzung der EU-Tierversuchsrichtlinie wird nicht durch eine Änderung der Vorschriften über Tierversuche korrigiert.
Verbesserungen finden sich in einer neu geplanten Vorschrift, die sich mit der Problematik von Mähmaschinen auseinandersetzt: Für die Nutzung von Mähmaschinen in der Landwirtschaft, aber auch von Mährobotern im eigenen Garten, sieht der Entwurf vor, dass geeignete und für die jeweilige Mähtechnik in der Praxis verfügbare und zumutbare Maßnahmen ergriffen werden müssen, um Tiere wie Rehkitze oder auch Igel vor Verletzungen oder dem Tod zu bewahren. Das bedeutet auch, dass Mähroboter im Garten nicht mehr ohne Weiteres nachts betrieben werden dürfen, wo insbesondere die nachtaktiven Igel in den Gärten unterwegs sind und oft schwere Verletzungen von Mährobotern davontragen oder getötet werden.
Hervorzuheben sind weiterhin geplante Regulierungen des Online-Handels: Nach dem Referentenentwurf soll es nunmehr Pflicht werden, beim Einstellen lebender Tiere auf Online-Plattformen seinen Klarnamen, seine Adresse und die Identifizierung der Tiere, z. B. die Transpondernummer, dem Plattform-Betreiber mitzuteilen, der diese Daten an die zuständige Tierschutz-Behörde weiterleiten muss.
Weitere Verbesserungen sollen im Tierschutzstrafrecht erfolgen: Das obere Ende des Strafrahmens für das Delikt der Tiertötung ohne vernünftigen Grund soll von drei auf fünf Jahre angehoben werden. Die Versuchsstrafbarkeit soll eingeführt werden und auch Fallgruppen für die Strafzumessung sollen im Gesetz platziert werden: So soll ein besonders schwerer Fall z. B. dann vorliegen, wenn der Täter im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit handelt oder eine große Zahl von Wirbeltieren misshandelt oder tötet. Mit diesen Fällen könnte insbesondere die Kriminalität in großen, landwirtschaftlichen Tierhaltungen besser und auch härter sanktioniert werden.
Letztlich soll nach dem Referentenentwurf auch noch das Tiererzeugnisse-Handelsverbotsgesetz geändert werden. Wo bislang noch die Schlachtung von trächtigen Schafen und Ziegen erlaubt war, soll das Verbot der Schlachtung von im letzten Drittel der Trächtigkeit befindlichen Säugetieren auch auf Schafe und Ziegen ausgedehnt werden.
Fachzeitschrift Journal of Animal Law, Ethics and One Health (LEOH) offiziell lanciert
Juli 23: Eine neue Fachzeitschrift mit Peer-Review, das Journal of Animal Law, Ethics and One Health (LEOH) ist nach Monaten engagierter und intensiver Arbeit am Center for Animal Law and Ethics (CALE) an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich am 23. Juni 2023 offiziell lanciert worden.
Mit LEOH soll der wissenschaftliche Austausch gefördert, die Lehre mit der Praxis verknüpft sowie für Menschen, die in diesem Gebiet arbeiten, eine Plattform für Wissensaustausch und Information geschaffen werden. Durch ein breit abgestütztes Editorial Board, das in der Lage ist, verschiedene Ansätze und Perspektiven einzubringen, wird die Fachzeitschrift getragen. Zu den Redaktionsmitgliedern gehören u. a. der Preisträger des IGN-Forschungspreises aus dem Jahr 2021, Dr. phil. Samuel Camenzind sowie das IGN-Vorstandsmitglied Dr. jur. Barbara Felde.
LEOH gibt der Diskussion tierrechtlicher und tierethischer Fragen sowie dem One Health-Ansatz und seinen Perspektiven für Recht und Ethik ein Forum. Darüber hinaus versteht sich das Journal als Informationsplattform für grundlegende und aktuelle Rechtsprechung und Rechtsetzung im abgedeckten Themengebiet.
Innerhalb dieses allgemeinen Rahmens dient LEOH der Präsentation und des Austauschs verschiedener Perspektiven und der Darlegung neuer Denkansätze innerhalb des vielschichtigen Diskurses über die Mensch-Tier-Beziehung in Recht und Ethik, sowie der Diskussion bestehender tierbezogener Gesetzgebung und deren künftigem Entwicklungspotenzial. Der Schwerpunkt von LEOH liegt auf Tierrecht, Ethik und One Health. Beiträge mit einem multidisziplinären Ansatz und vergleichenden Perspektiven sind ebenfalls willkommen, soweit sie genügend Bezugspunkte zu den Hauptthemen aufweisen (
https://leoh.ch/Ziele).
Neben inhaltlichen Beiträgen gibt es auch bereits erste Informationen zu Rechtsprechung und Tagungen zu entdecken. Nach der Lancierung werden zukünftige Beiträge fortlaufend veröffentlicht, um sicherzustellen, dass aktuelle und relevante Inhalte präsentiert werden. Beiträge können fortlaufend auf Deutsch, Französisch und Englisch eingereicht werden.
LEOH wird herausgegeben von Prof. Dr. iur. Margot Michel und Prof. Dr. iur. utr. Brigitte Tag (beide Universität Zürich).
„Umbau der Tierhaltung in Deutschland“ – Sonder-Agrarministerkonferenz am 5. Mai 2023
Mai 23: Am 5. Mai 2023 fand in Deutschland eine Sonder-Agrarministerkonferenz zum geplanten „Umbau der Tierhaltung“ statt. Zu dieser Konferenz forderten Tierschutzorganisationen, u. a. der Deutsche Tierschutzbund, die Agrarministerinnen und Agrarminister der deutschen Bundesländer dazu auf, auf eine tiergerechte Transformation der deutschen Landwirtschaft hinzuwirken. Insbesondere der Entwurf eines Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes enthalte noch viele Mängel, die zu Lasten der Tiere gingen; so trage das geplante Gesetz, nach dem bislang nur Fleisch von Mastschweinen gekennzeichnet werden muss, die in Deutschland aufgezogen wurden, in der aktuell vorliegenden Entwurfsfassung gerade nicht dazu bei, die Tierhaltung, wie im Koalitionsvertrag versprochen, artgerecht umzubauen.
Neues EFSA-Gutachten über Enten, Gänse und Wachteln in der Landwirtschaft
Mai 23: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat durch das Panel on Animal Health and Animal Welfare (AHAW) am 16. Mai 2023 ein Gutachten über die Haltung von Enten, Gänsen und Wachteln (Welfare of ducks, geese and quail on farm) vorgestellt, das im März 2023 angenommen wurde. Das auf wissenschaftlicher Basis erarbeitete Gutachten wurden im Auftrag der Europäischen Kommission erstellt. Nicht umfasst von der Begutachtung sind die Vorgänge der Nutzungen der Enten und Gänse zum Zwecke der Federproduktion und der Zwangsfütterung von Gänsen zur Produktion von Foie Gras (Stopfleber).
In dem Gutachten werden die gängigen Haltungssysteme für Enten, Gänse und Wachteln beschrieben und die Folgen der Haltung der Tiere in diesen Systemen für deren Wohlbefinden begutachtet.
Für Enten und Wachteln, die in Käfigen und in Bodenhaltungssystemen ohne Auslauf gehalten werden, werden sehr viele zum Teil einschneidende nachteilige Auswirkungen auf deren Wohlbefinden wie z. B. Bewegungseinschränkungen, Gruppenstress, die Unfähigkeit, Komfortverhalten zu zeigen, Knochenläsionen, Weichteilläsionen und Hautschäden, Bewegungsstörungen, die Unfähigkeit, Erkundungs-, Nahrungssuchverhalten sowie Nestbauverhalten zu zeigen, beschrieben.
Für Enten und Gänse sollten, so die Empfehlungen des Gutachtens, offene Wasserquellen vorhanden sein, die zumindest das Eintauchen des Kopfes und idealerweise sogar vollständiges Baden, Schwimmen und Tauchen ermöglichen. Darüber hinaus sollte Trinkwasser über separate Tränken verfügbar sein. Bei Wachteln sollte in bestimmten Bereichen feines Material (z. B. Sand) bereitgestellt werden, um das Staubbadeverhalten zu ermöglichen, sowie Strukturen, die das Ausruhen unter Deckung ermöglichen. Für alle begutachteten Vogelarten sollten zusätzliche futterbezogene Anreicherungen wie Silage (Wasservögel) oder Hackblöcke (Wachteln) angeboten werden. Für Flugenten werden leicht erreichbare erhöhte Strukturen wie Sitzstangen empfohlen.
Es wird ausdrücklich empfohlen, weitere Untersuchungen zu den Folgen der Zwangsfütterung bei der Produktion von „Foie Gras“, bei der Gänsen mittels Magensonde und Gewalt Futter eingegeben wird, für das Wohlergehen der Tiere durchzuführen. Die Praktik der Zwangsfütterung wurde jüngst in einer juristischen Publikation für nach deutscher Rechtslage als verboten und sogar strafbar eingeordnet. Die Publikation von Gerhold/Poplat in der Zeitschrift „Natur und Recht“ ist unter
https://link.springer.com/article/10.1007/s10357-023-4150-9 kostenlos herunterladbar.
Das Gutachten des AHAW-Panels der EFSA ist unter Beteiligung des Vorstandsmitglieds der IGN, Prof. Dr. Christoph Winckler (Universität für Bodenkultur, Institut für Nutztierwissenschaften, Wien) und des IGN-Mitglieds Prof. Dr. Ute Knierim, Fachgebietsleiterin Nutztierethologie und Tierhaltung, Universität Kassel, erstellt worden.
Die Gutachten und unabhängigen Empfehlungen der EFSA dienen als wissenschaftliche Grundlage für die gerade in Überarbeitung befindliche europäische Tierschutzgesetzgebung.
Neues EFSA-Gutachten über die Haltung von Milchkühen in der Landwirtschaft
Mai 23: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat durch das Panel on Animal Health and Animal Welfare (AHAW) am 16. Mai 2023 ein Gutachten über die Haltung von Milchkühen (Welfare of dairy cows) vorgestellt, das im März 2023 angenommen wurde. Dieses auf wissenschaftlicher Basis erarbeitete Gutachten wurde im Auftrag der Europäischen Kommission erstellt.
In dem Gutachten werden Anbindeställe, Liegeboxenhaltung (Freilaufstall), Freilaufsysteme (Einstreusysteme mit Strohplätzen, Kompost oder Trockenmist) und Haltungssysteme mit Zugang zu Außenbereichen, z.B. einer Weide, bewertet. Für jedes System wurde die Verbreitung in der EU sowie ein Überblick über die wesentlichen Vorteile, aber auch die Nachteile für das Wohlergehen der Tiere dargestellt.
Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass der Anteil der Betriebe, die den Tieren Zugang zu Weideland bieten, in den letzten Jahrzehnten in mehreren EU-Mitgliedstaaten zurückgegangen ist; immer mehr Betriebe stellen auf ganzjährige Stallhaltung um.
Im Hinblick auf die Anbindehaltung gibt es ausweislich des Gutachtens stichhaltige Beweise dafür, dass das Wohlergehen von Kühen, die dauerhaft in Ställen angebunden sind, aufgrund von Verhaltenseinschränkungen im Vergleich zu Freilaufsystemen (bei denen die Kühe nicht angebunden sind) beeinträchtigt ist.
Zur rechtlichen Bewertung der Anbindehaltung von Milchkühen nach deutscher Rechtslage liegt eine Publikation von Hahn/Kari vor, die im Jahr 2022 den IGN-Forschungspreis erhalten hat und im Open Access kostenlos hier herunterladbar ist:
https://link.springer.com/article/10.1007/s10357-021-3890-7.
Die Gutachten und unabhängigen Empfehlungen der EFSA dienen als wissenschaftliche Grundlage für die gerade in Überarbeitung befindliche europäische Tierschutzgesetzgebung.
Ariane Désirée Kari wird erste Bundestierschutzbeauftragte in Deutschland
Mai 23: Das deutsche Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat die Berufung von Ariane Kari als Bundestierschutzbeauftragte am 10. Mai 2023 mit einer Pressemitteilung bekannt gegeben. Die Etablierung und Besetzung dieses Amtes wurde seit vielen Jahren von Tierschutzorganisationen gefordert und wird ab Mitte Juni 2023 verwirklicht.
Der Bundesminister Cem Özdemir sagt dazu: „Ich freue mich, dass es gelungen ist, mit Ariane Kari eine ausgewiesene Expertin mit langjähriger tierschutzfachlicher Erfahrung zu gewinnen. Ich bin überzeugt, dass sie mit ihrer Arbeit wichtige Impulse setzen und den gesamtgesellschaftlichen Diskurs und Dialog im Bereich des Tierschutzes mit fachlicher Expertise begleiten und fördern wird. […]“
Ariane Kari selbst sieht ihre zukünftige Arbeit als „große Chance, den Tierschutz voranzubringen. Ich freue mich sehr darauf, Tieren auf Bundesebene eine Stimme zu geben und sie zum Beispiel in Gesetzgebungsverfahren zu vertreten. Außerdem werde ich immer wieder den Fokus auf Missstände im Umgang mit Tieren richten, damit diese von den zuständigen Stellen behoben werden. […]“
Neue EFSA-Empfehlungen für Legehennen und Junghennen in der Landwirtschaft
April 23: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat durch das Panel on Animal Health and Animal Welfare (AHAW) am 28. März 2023 Empfehlungen für die Haltung von Legehennen und Junghennen (Welfare of laying hens on farm) vorgestellt, die im Dezember 2022 angenommen wurden. Diese auf wissenschaftlicher Basis erarbeiteten Empfehlungen zeigen deutlich die Defizite auf, die u. a. die deutsche Tierschutzgesetzgebung enthält. So fordert das AHAW-Panel in seinen Empfehlungen das, was viele nationale Tierschutzgesetze der Mitgliedstaaten wie z. B. die deutsche Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung bislang noch nicht gewähren: Außenklimabereiche, Auslauf und ein Enrichment der Haltungseinrichtung, mit welchem die Tiere ihr natürliches Verhalten ausleben können: Picksteine, erhöhte Ebenen, Rampen und Sitzstangen sowie eine ständig trockene Einstreu. Die Empfehlungen des AHAW-Panels der EFSA sind unter Beteiligung des Vorstandsmitglieds der IGN, Prof. Dr. Christoph Winckler (Universität für Bodenkultur, Institut für Nutztierwissenschaften, Wien) erstellt worden.
Die unabhängigen Empfehlungen der EFSA könnten Grundlage der gerade in Überarbeitung befindlichen europäischen Tierschutzgesetzgebung werden.
Neue EFSA-Empfehlungen für die Haltung von Kälbern
April 23: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat durch das Panel on Animal Health and Animal Welfare (AHAW) Empfehlungen für die Haltung von Kälbern (Welfare of calves) vorgestellt, die am 22. Februar 2023 angenommen wurden. Diese auf wissenschaftlicher Basis erarbeiteten Empfehlungen sind aufgrund einer Anfrage der Kommission im Rahmen der „Farm-to-Fork-Strategie“ entstanden. Für die Empfehlungen wurden u. a. elf Systeme zur Aufzucht von Kälbern bewertet und im Hinblick auf das Wohlbefinden der Kälber kategorisiert. Auswirkungen auf das Wohlergehen der Kälber sowie Maßnahmen zur Vermeidung oder Minderung der daraus resultierenden Gefahren für die Tiere werden in den Empfehlungen beschrieben. Zu den Empfehlungen zur Verbesserung des Wohlbefindens von Kälbern gehören u. a. die Erhöhung des Platzangebots, die Haltung von Kälbern in stabilen Gruppen, die Sicherstellung eines guten Kolostrummanagements und die Erhöhung der Milchmengen, die an Kälber verfüttert werden. Außerdem sollten Kälber auf verformbaren Liegeflächen gehalten werden. Eine weitere Empfehlung ist, dass Kälber innerhalb der ersten Lebenswoche in kleinen Gruppen (2–7 Tiere) gehalten werden. Zu den Empfehlungen zum Kontakt zwischen Mutterkuh und Kalb gehört, das Kalb mindestens einen Tag nach der Geburt beim Muttertier zu halten. Ein längerer Kontakt sollte nach und nach eingeführt werden.
Die Empfehlungen des AHAW-Panels der EFSA sind unter Beteiligung des Vorstandsmitglieds der IGN, Prof. Dr. Christoph Winckler (Universität für Bodenkultur, Institut für Nutztierwissenschaften, Wien) erstellt worden.
Die unabhängigen Empfehlungen der EFSA könnten Grundlage der gerade in Überarbeitung befindlichen europäischen Tierschutzgesetzgebung werden.
April 23: Am 1. Februar 2022 ist ein Gutachten, welches vom ehemaligen IGN-Vorstandsmitglied Dr. Christoph Maisack, dem neuen IGN-Vorstandsmitglied Dr. Barbara Felde und Linda Gregori für die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen verfasst wurde, im NOMOS-Verlag unter dem Titel „Reform des Tierschutzrechts“ erschienen. Der Band der Reihe „Das Recht der Tiere und der Landwirtschaft“ enthält ebenfalls ein Gutachten von Prof. Jens Bülte und Anna-Lena Dihlmann, die damit eine Reform des Tierschutzstrafrechts vorgeschlagen haben. Dieses Gutachten wurde bereits letztes Jahr als Gesetzentwurf (Drs. 19/27752) in den Deutschen Bundestag eingebracht. Das Gutachten von Felde/Gregori/Maisack enthält einen ausformulierten Vorschlag für ein neues Tierschutzgesetz (mit Ausnahme der Strafnorm, die in dem Bülte/Dihlmann-Gutachten behandelt wird) und greift viele der bestehenden Probleme aus dem Tierschutzrecht auf. Neben einem Verbot der Beförderung lebender Tiere in bestimmte Drittstaaten, in denen u. a. tierquälerisch geschächtet wird, enthält der Gesetzesvorschlag tierschutzgerechte Vorgaben für die Tierhaltung, aber auch einen Vorschlag für die Normierung einer verpflichtenden Videoüberwachung in Schlachthöfen, eines umfassenden Schächt-Verbots sowie eine ausführliche Reform des Tierversuchsrechts, wie es der EU-Tierversuchsrichtlinie entsprechen würde.